Samstag, 13. September 2025

Baustelle ohne Ende: Warum das neue südkoreanische Konsulat in Frankfurt seit einem Jahrzehnt nicht fertig wird

434 Milliarden Won Steuergelder – seit 10 Jahren unvollendet: Das Bauchaos beim südkoreanischen Generalkonsulat in Frankfurt

Im Jahr 2014 kündigte die südkoreanische Regierung an, in Frankfurt am Main – dem Finanzzentrum Deutschlands – ein neues Generalkonsulat zu errichten. Die Fertigstellung war ursprünglich für 2018 geplant. Doch zehn Jahre später ist das Gebäude noch immer nicht fertiggestellt. Der Baufortschritt liegt laut offiziellen Angaben bei lediglich 61 Prozent, der neue Zieltermin wurde auf 2026 verschoben【1】. Die Gesamtkosten explodierten in der Zwischenzeit: von ursprünglich 18,64 Milliarden Won (ca. 12,7 Mio. Euro) auf 43,46 Milliarden Won (ca. 29,6 Mio. Euro) – ein Anstieg von rund 133 Prozent【1】. Millionen an Steuergeldern sind zusätzlich geflossen, doch die Baustelle steht weiter still, eingehüllt von grauen Planen.

https://maps.app.goo.gl/Tyk5RUxvJvzYzSsm9


Lokale Medien sprachen von „Ärger mit der Bauleitung“ als Hauptgrund für die Verzögerung【4】, während südkoreanische Medien darüber berichteten, dass sich die Aussagen der Architektin Eun Young Yi widersprächen【3】. Dies erweckte den Eindruck eines Konflikts zwischen Architektin und Regierung. Doch kann ein solcher Streit wirklich erklären, warum sich ein Bauprojekt über ein Jahrzehnt zieht und die Kosten sich nahezu verdreifachen?


Eun Young Yi gilt als eine der renommiertesten südkoreanischen Architektinnen in Deutschland. Sie studierte in Seoul und Aachen, gewann zahlreiche internationale Wettbewerbe und wurde für ikonische Projekte wie die Stadtbibliothek Stuttgart bekannt【7】【9】. 2013 erhielt sie den Hugo-Häring-Preis, eine der wichtigsten deutschen Architekturauszeichnungen【7】. Ihre Bauten zeichnen sich durch die Idee aus, öffentliche Gebäude nicht nur funktional, sondern als moderne „Agoras“ – Orte der Begegnung – zu gestalten【11】. Auffällig ist jedoch, dass das Frankfurter Konsulatsprojekt in keiner ihrer offiziellen Publikationen oder auf ihrer Webseite erscheint【12】. Es liegt nahe, dass sie sich bewusst von diesem Projekt distanziert – möglicherweise, weil es in eine völlig andere Richtung verlief als ursprünglich von ihr geplant. 2018 erklärte sie, dass die Baukosten durch die damalige Hochkonjunktur in der deutschen Bauwirtschaft explodiert seien und die Entscheidung, anstelle einer Generalunternehmung auf eine Aufteilung in rund 30 Einzelaufträge zu setzen, die Probleme noch verschärft habe【3】. Danach wurde ihr Name in Zusammenhang mit dem Projekt kaum noch genannt.


Doch die eigentlichen Ursachen liegen tiefer. Schon die Budgetplanung war realitätsfern. Bei der ersten Ausschreibung im Generalunternehmer-Modell lagen die Angebote rund 160 Prozent über dem vorgesehenen Budget【1】. Daraufhin entschied die Regierung, den Bau in zahlreiche Einzelgewerke zu zerlegen. Doch ohne detaillierte Ausführungspläne führte dies zu Chaos, Verzögerungen und Mehrkosten【1】. Hinzu kam ein grundlegendes Missverständnis der deutschen Baukultur: In Deutschland ist es üblich, dass nach Abschluss der Arbeiten zusätzliche Kosten abgerechnet werden【13】. Darauf war die südkoreanische Seite nicht vorbereitet, sodass Nachforderungen unvermeidlich waren【1】.


Auch die Bauüberwachung funktionierte nicht. Der zuständige Bauaufsichtsführer (Bauüberwacher) sollte die mehr als 30 Verträge koordinieren, war dieser Aufgabe jedoch offensichtlich nicht gewachsen. Trotz mehrfacher Vertragsverlängerungen konnte der Fertigstellungstermin August 2019 nicht eingehalten werden. 2020 kündigte die Regierung schließlich den Vertrag und leitete rechtliche Schritte wegen Vertragsverletzung und Schadensersatz ein【15】. Damit wurde offenkundig, dass das Kontrollsystem selbst versagte.


Inzwischen räumt auch die südkoreanische Regierung ein, dass nicht persönliche Konflikte, sondern strukturelle Fehler die Hauptursache sind【1】. Dazu gehören: eine überhastete Änderung der Vertragsstrategie, mangelndes Verständnis für lokale Baupraktiken und eine schwache Bauaufsicht. Zusammengenommen führten diese Faktoren zu jahrelanger Verzögerung und explodierenden Kosten.


Die Reaktionen in Deutschland und in der koreanischen Gemeinde vor Ort fallen entsprechend kritisch aus. Lokale Medien äußern Zweifel, ob das Projekt überhaupt jemals abgeschlossen wird【4】. Vertreter der koreanischen Diaspora sprechen von einer „Blamage für das Ansehen Südkoreas“【3】. Schließlich sind Botschaften und Konsulate nicht bloß Verwaltungsgebäude, sondern Aushängeschilder des Staates. Ein Jahrzehnt langes Provisorium bedeutet einen erheblichen Imageschaden.


Aus diesem Desaster lassen sich mehrere Lehren ziehen. Zunächst muss die Budgetplanung bei internationalen Bauprojekten deutlich realistischer und flexibler erfolgen – inklusive ausreichender Rücklagen für Preissteigerungen. Zweitens darf die Wahl des Vergabemodells nicht allein vom Budgetdruck bestimmt werden. Qualität, Verantwortung und Terminverlässlichkeit müssen im Vordergrund stehen. Drittens muss die Bauaufsicht professioneller und unabhängiger aufgestellt werden. Viertens braucht es mehr Transparenz: Fortschritte und Budgetverwendung sollten regelmäßig veröffentlicht werden, um das Vertrauen von Bürgern und Auslands-Koreanern zu stärken. Schließlich ist es unerlässlich, Notfallpläne wie Zwischenlösungen in bestehenden Gebäuden oder Interimslösungen vorzubereiten, falls ein Neubau ins Stocken gerät.


Das südkoreanische Generalkonsulat in Frankfurt sollte ursprünglich die wachsende Bedeutung des Landes im Ausland symbolisieren. Stattdessen ist es heute Sinnbild für administrative Schwächen und gescheiterte Planung. Ein Land, das sich gern auf seine „nationale Würde“ beruft, kann es sich nicht leisten, ein solches Projekt über ein Jahrzehnt unvollendet zu lassen. Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch große Worte, sondern durch eingehaltene Versprechen – gerade dort, wo die Welt hinschaut.


Quellen

  1. [단독] 국민 혈세로 10년째 짓고 있는 재외공관 청사…사업비 2.3배 …, https://www.dailian.co.kr/news/view2/1410913?sc=Daum

  2. [법 상담] 설계상 오류일 때 감리자는 책임 없나, https://www.koscaj.com/news/articleView.html?idxno=221162

  3. 프랑크푸르트총영사관, 착공 10년에도 준공못해 - 월드코리안뉴스, https://www.worldkorean.net/news/articleView.html?idxno=50326

  4. Was gibt es Neues beim neuen Konsulat für Südkorea?, https://main-riedberg.de/was-gibt-es-neues-beim-neuen-konsulat-fuer-suedkorea/

  5. Bauzaun vor dem Koreanischen Konsulat, https://main-riedberg.de/bauzaun-koreanisches-konsulat/

  6. Eun Young Yi | Architectuul, https://architectuul.com/architect/eun-young-yi

  7. BIO - EUN YOUNG YI, https://yieunyoung.com/bio/

  8. Kontakt - EUN YOUNG YI, https://yieunyoung.com/kontakt/

  9. Stadtbibliothek Stuttgart - Wikipedia, https://en.wikipedia.org/wiki/Stadtbibliothek_Stuttgart

  10. yieunyoung.com, https://yieunyoung.com/bio/#:~:text=He%20was%20awarded%20the%20Hugo,spectacular%20libraries%20around%20the%20world’

  11. 2020_Chungnam - EUN YOUNG YI, https://yieunyoung.com/2020_chungnam/

  12. EUN YOUNG YI, https://yieunyoung.com/

  13. 독일 이민자를 위한 주택 및 상업공간 리모델링・인테리어 공사 가이드, https://www.mfrankfurt.com/post/%EB%8F%85%EC%9D%BC-%EC%9D%B4%EB%AF%BC%EC%9E%90%EB%A5%BC-%EC%9C%84%ED%95%9C-%EC%A3%BC%ED%83%9D-%EB%B0%8F-%EC%83%81%EC%97%85%EA%B3%B5%EA%B0%84-%EB%A6%AC%EB%AA%A8%EB%8D%B8%EB%A7%81%E3%83%BB%EC%9D%B8%ED%85%8C%EB%A6%AC%EC%96%B4-%EA%B3%B5%EC%82%AC-%EA%B0%80%EC%9D%B4%EB%93%9C

  14. 주택/부동산 투자/재테크 Archives | 구텐탁 코리아 : 독일 한인 포탈 사이트, https://gutentagkorea.com/archives/category/germanlifebook/real-estate

  15. M이코노미뉴스, https://www.m-economynews.com/news/headline_list_all.html?level=2&page=365

  16. “재외공관 청사 신축사업 10년간 하세월에 사업비도 3배, 인요한 의원, https://newssunday.co.kr/news/view.php?no=158956

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